Zum Urlaubsbeginn fahren wir zuerst mal nach Kappeln. Der Adventsjunge und die Augustschnuppe brauchen noch neue Schirmmützen gegen die Sonne. Im Spielzeugladen wollen die Größeren ein bisschen Taschengeld ausgeben. Dann wollen wir, wie immer, dänisches Softeis essen. Und der Schokoladenküche möchten wir natürlich auch einen Besuch abstatten.
Am nächsten Tag fahren wir nach Arnis. Arnis darf sich offiziell "kleinste Stadt Deutschlands" nennen. Und was für eine Stadt das ist! Der Ort gehört für mich zu den schönsten, die ich kenne. Arnis liegt auf einer Halbinsel in der Schlei, gleich gegenüber von Kappeln. Im Moment leben dort weniger als 300 Einwohner. 1667 wurde Arnis von abtrünnigen Kappelner Bürgern gegründet. Eins der allerersten Gebäude damals war die Schifferkirche.
Es war ein Glück, dass wir diesmal nicht sofort in die Stadt abgebogen sind, so entdecken wir eine kleine Besonderheit: hinter dem Deich, mitten in der Natur, steht eine gelbe Telefonzelle. Oben auf dem Dach ist ein Trichter wie ein Hör-Rohr angebracht. Auf der Tür steht "Windtelefon". Ich vermute zuerst, man kann den Hörer abnehmen und dem Wind zuhören.
Nach dem Essen laufen wir noch eine große Runde durch Arnis. Vorne am Wasser entlang und dann einmal durch die Mitte, die einzige große Straße entlang. Ich glaube, ich fotografiere wieder genau die Häuser, die ich jedes Jahr fotografiere. Es ist einfach zuuuu schön!
Nach dem späten Frühstück fahren wir los. Wir finden sogar recht zentral einen Parkplatz. In der Stadt sind wir etwas abgeschreckt. Wir haben es ja schon befürchtet: die Fußgängerzone ist übervoll. Abstand halten ist so gut wie unmöglich. Wir versuchen, anderen Menschen so gut es geht auszuweichen und quetschen uns an den Rändern der Wege entlang, doch Spaß macht das alles nicht.
Während der Liebste und die Kinder Eis essen, gehe ich schnell in den Buchladen und finde zwei super Bücher über die skandinavische Küche. Hier habe ich sie im Eintrag über meine Urlaubsmitbringsel erwähnt. Ich werde später genüsslich in den Büchern schwelgen.
An der Kirche St. Nikolai, erbaut im Stil des Spätbarock, machen wir im Schatten eine kurze Pause. Im süßen kleinen Laden "Bi de Kark" entdecke ich wunderschöne gewebte Textilien von der schwedischen Firma Ekelund. Diese Firma wurde vor über 450 Jahre gegründet und gehört heute zu den ältesten familiengeführten Unternehmen der Welt. Die Motive der Textilien sind auffällig leuchtend und fein gearbeitet. Weil ich mich nicht entscheiden kann, macht das der Liebste für mich und ersteht einen Läufer mit Leuchttürmen drauf.
Später essen wir in einer Pizzeria. Wir sind im Gastraum die einzigen Gäste. Das ist sehr erholsam. Pünktlich zum Reiten um 17 Uhr sind wir wieder auf dem Ferienhof.
Die haben wir uns diesmal angeschaut. 1673 wurde sie erbaut. Ursprünglich war ein Backsteingebäude geplant, doch ein nach Baumaterial entsandtes Schiff ging unter. So wurde die Kirche zunächst als Fachwerkbau errichtet. Eine Wand des Baus wurde 60 Jahre später durch Backsteine erneuert. So sieht die Kirche heute noch aus: eine Seite Fachwerk, eine Seite Stein. Der Glockenturm ist ganz aus Holz.
Im Inneren hängen schöne alte Schiffsmodelle aus dem 18. und 19. Jahrhundert von der Decke. Sie wurden von Arnisser Seefahrern als Dank für ihre glückliche Heimkehr gestiftet. Die hölzerne Kanzel ist eine Besonderheit. Sie soll aus einer untergegangenen Kirche aus Norddeutschland stammen und ist sogar noch 100 Jahre älter als die Schifferkirche von Arnis.
Der Friedhof drumherum ist auch sehenswert. Ab und zu sind sogar QR-Codes verteilt, die man mit dem Handy scannen kann und dann Geschichten zu den Gräbern erfahren kann.
Wir laufen diesmal hinter der Kirche ein Stückchen in westlicher Richtung. Dort befindet sich die Strandhalle 54, ein schönes entspanntes Restaurant direkt am Wasser. Im Moment ist nur der Außenbereich geöffnet. Da gibt es Strandkörbe und Stehtische, an denen die Speisen und Getränke eingenommen werden können. Als wir vorbeilaufen, ist alles voll, so laufen wir weiter.
Doch im Inneren befindet sich ein Zettel mit einer Erklärung. Und zwar stammt diese Idee aus Japan. Dort wurde 2010 vom damals 70jährigen Itaru Sasaki das erste Windtelefon in seinem Garten auf einem Hügel mit Blick über den Pazifik aufgestellt. Er wollte auf diese Weise mit seinem verstorbenen Cousin "telefonieren". Das Gespräch mit Verstorbenen hat aufgrund des buddhistischen Verständnisses zum Leben nach dem Tod eine alte Tradition. Durch das Windtelefon werden die Worte mit dem Wind übertragen. (In dem ganz wunderbaren Film "Kirschblüten - Hanami" (Amazon-Partner-Link) von Doris Dörrie gibt es auch so eine Telefon-Szene.)
Nach dem verheerenden Tsunami im März 2011 mit 19.000 Toten wurde das Telefonhäuschen auch von zahlreichen Nachbarn Sasakis genutzt, um mit den Opfern der Katastrophe zu sprechen. Nachdem die lokale Presse hierüber berichtete, entwickelte sich der Besuch des "Kaze no Denwa" zu einem Massenphänomen. Jahr für Jahr kommen tausende Besucher aus ganz Japan zu einem Gespräch mit Verstorbenen in diese ganz besondere Telefonzelle. Nach einer Telefonzelle in Dänemark hat nun auch Arnis so ein Exemplar.
Wir laufen eine kleine Runde durch die Nebenstraßen, bis wir zu unserem nächsten Ziel kommen, der Schleiperle Arnis. Dort essen wir leckeren Kuchen, Kürbissuppe, Flammkuchen und hausgemachtes Eis. Innen drin ist schön viel Platz, im Eingangsbereich an der Selbstbedienung ballen sich leider die Menschen.
Und auch an diesem Tag sind wir pünktlich zum Reiten wieder zurück auf dem Ferienhof. Das Reiten werden die Kinder in diesem Urlaub kein einziges Mal verpassen.
Ich danke für das Mitlesen und die Anteilnahme. Ich will denen, die es gerne möchten, die Möglichkeit geben, etwas in die virtuelle Kaffeekasse zu tun. Herzlichen Dank für die Anerkennung!
AntwortenLöschenMoin,
lieben Dank für den tollen Reisebericht. Haben wir doch vor einigen Jahren die gleichen Orte und Sehenswürdigkeiten besucht. Eine sehr schöne Erinnerung.
LG
Christiane
Schön, das freut mich :-)
LöschenHabt ihr Somerby von Kirsten Boie gelesen? Das ist doch genau dieser Gegend dort nachempfunden. Nur heißt die Schleiperle leicht verändert Strandperle...meine ich?! Wir haben gerade mit dem 2. Band zum abendlichen Vorlesen begonnen. Falls es jemand noch nicht kennt: Bedingungslose Empfehlung :-)
AntwortenLöschenAber ja! So schön!
LöschenDer zweite Band steht noch auf unserer Wunschliste :-)
Hallo,
AntwortenLöschendas hast du wunderbar beschrieben.Genau so sehen wir Arnis auch.Wir waren mehrmals dort und finden es immer wieder lohnenswert.
Danke! Es ist zu schön!
LöschenWir waren schon dreimal in Kappeln, hätten einmal eine Ferienwohnung vor den Toren von Arnis, daher kommt mir alles wunderbar bekannt vor. Ich hoffe , das wir am 26.08 wieder in Kappeln Urlaub machen können, aber erst muss mein Mann gesund werden. Die Vorfreude ist aber schon gross
AntwortenLöschenIch wünsche gute Besserung und hoffentlich einen schönen Urlaub!
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