Heute vor 12 Jahren, am 3. Dezember 1998, bin ich gegen 7 Uhr morgens aufgewacht. Ich war 22 Jahre alt und bis zum Geburtstermin meines ersten Kindes waren es noch 10 Tage. Vielleicht sollte es auch Weihnachten werden, wer weiß das so genau. Es war gar nicht so einfach, vorher eine Hebamme zu finden, denn an Weihnachten wollte Keine gerne Rufbereitschaft haben. Ich habe dann eine sehr kleine Hebamme gefunden, die aus Polen kam. Ich war eine der ersten Frauen, die sie in Berlin betreute. Ich habe niemals Angst vor der Geburt gehabt, im Gegenteil, ich war total gespannt, wie sich das anfühlen würde. Ich wollte mit meiner Hebamme ambulant im Krankenhaus mein Kind zur Welt bringen. Am Vormittag räumte ich ein bißchen in der Wohnung herum und dekorierte die Fenster mit Sternen. Dazu stieg ich immer wieder die Leiter hoch und runter. Am Nachmittag besuchte ich meine Freundin, die zur Geburt mitkommen wollte. Sie war selber schwanger. Danach ging ich einkaufen. Ich brauchte noch unbedingt Neugeborenenwindeln. Im Supermarkt mußte ich ab und zu stehenbleiben und mich am Einkaufswagen festhalten. Waren das Wehen? Hm, sollte es doch schon heute soweit sein? Zu Hause ging ich in die Badewanne und rief danach meine Hebamme an. Sie war der Meinung, eine Frau, die ein Kind bekommt, hört sich anders an. Sie kam gegen 17 Uhr vorbei. Nach einer kurzen Untersuchung war klar, die Geburt geht nicht nur los, sie ist schon in vollem Gange. Ohne Panik zu verbreiten, rief sie das Taxi und meine Freundin an und wir fuhren in die Klinik. Mein damaliger Mann war nicht zu erreichen, wir hinterließen in der Wohnung einen Zettel. Als wir losfuhren, fing es sachte an, zu schneien. Um 18 Uhr kamen wir in der Klinik an. Das Zimmer mit der großen Badewanne war frei, Wasser wurde eingelassen und ich konnte die ganze Zeit nicht glauben, daß mir das alles passierte. Mein damaliger Mann tauchte dann irgendwann auch auf, blieb aber im Hintergrund. In der Wanne fühlte ich mich verloren, sie war einfach zu groß. Ich stand die meiste Zeit und hielt mich an einem Seil fest und endlich, um 21.25 Uhr war er da: mein erster Sohn. Es ist unglaublich, aber es gibt Momente, die kann ich fast nachfühlen. Dieser Moment ist so einer. Und den werde ich nie vergessen. Warm und weich und knautschig lag der Kleine in meinen Armen. Alles war gut und schon zwei Stunden später fuhren wir wieder nach Hause. In der Zwischenzeit hatte es einen großen Wintereinbruch gegeben, das Taxi kam kaum voran und schlitterte in den Kurven. Berlin war dick verschneit und ganz ruhig. Die ganze Nacht machte ich kein Auge zu und schaute mein Baby an. Ich war Mutter geworden. Manchmal wünschte ich, ich hätte damals schon die Gelassenheit und die Erfahrung gehabt, die ich jetzt als dreifache Mutter habe. Aber ich habe mich immer von meinem Gefühl leiten lassen, um meinen Sohn großzuziehen. Schon sehr bald darauf ganz allein. Wir haben das gut hingekriegt, der Große und ich. Und die letzten 12 Jahre sind wie im Flug vergangen. Jetzt ist er bald so groß wie ich und legt nach und nach seine kindlichen Züge ab. Er wird groß. Und wie.
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein Großer!