Mittwoch, 20. Februar 2013

Kochen mit Kindern

In der Küche meiner Oma stand ein Stuhl mit einem platten Sitzkissen. Darauf saß meine Uroma in Kittelschürze, mit einer Schüssel auf dem Schoß und schälte Kartoffeln. Das tat sie, so lange, wie sie konnte. Als sie schon sehr alt war, wurde sie schließlich im Heim gepflegt. Der Stuhl war meist leer. Wenn ich in den Ferien bei meiner Oma war, saß ich auf diesem Stuhl und schaute Oma beim Kochen zu. Manchmal schälte ich die Kartoffeln. Wir schwatzten und ich sah meiner Oma bei ihren Handgriffen zu, tausendmal getan, erprobt. Ich fand es schön, da in Omas kleiner Küche.
Bei uns zu Hause gab es keinen Stuhl. Die Küche war schmal. Gekocht wurde nur am Wochenende. Oft auch von meinem Papa. Ich mochte die Küche nicht besonders, denn mein Bruder und ich mussten am Abend immer abwaschen, einen Geschirrspüler hatten wir nicht. Das war oft Thema von Streitereien.
Während meiner Ausbildung gab es einen kleinen Kreis Mitschüler, mit denen ich mich einmal in der Woche zum Kochen getroffen habe. Jeder war mal Gastgeber und wir probierten uns aus. Das hat Spaß gemacht und war sehr gesellig.
Als ich alleine mit meinem Großen gewohnt habe, hat er mir viel mitgeholfen. Ich habe ihn Gemüse schnippeln lassen und Teig kneten und noch mehr. Je mehr Kinder ich nun habe, desto öfter merke ich, dass ich "meine" Küche als Rückzugsort nehme. Ich mache die Tür zu, koche und backe vor mich hin und möchte meine Ruhe haben. Wenigstens ein Mal am Tag. Kochen mit Kindern ist wuselig und nichts für Perfektionisten.

In Kindergarten und Schule gibt es immer mehr Kinder, die Obst- und Gemüssorten nicht kennen. Sie wissen nicht, wie Mehl entsteht und daraus ein Brot, woher die Fischstäbchen kommen und manche sollen tatsächlich glauben, dass es lila Kühe gibt. Als ich einmal den Weg vom Korn zum Brot erzählt habe, mit allen Zwischenschritten, also wirklich allen, waren die Kinder total aus dem Häuschen. Ich sehe heute noch ihre strahlenden Augen vor mir! Immer seltener wird zu Hause selbst und frisch gekocht. Oma und Opa wohnen weit weg. Wo sollen Kinder Herkunft und Umgang mit Lebensmitteln lernen, wenn die Eltern es selbst nicht wissen? Durch meine Arbeit in der Schule weiß ich, dass wir einfach nicht davon ausgehen können, dass die Kinder das in ihren Familien lernen. Das hat viele Gründe und ist ganz sicher beklagenswert. Eigentlich müssten viele Eltern gleichsam in die Lehre gehen. Nur, an die kommt man schwer heran. Es gibt viele Elternschulen etc. aber die Angebote sind freiwillig, also Wille und Zeit (!) müssen von den Eltern kommen. Verdonnern können wir niemanden, auch wenn wir es oft gerne möchten.
Der kleinste gemeinsame Nenner für die Kinder ist also die Schule. Dort kommen alle Kinder hin und die allermeisten von ihnen sind neugierig und wollen alles wissen und lernen. Das ist unsere Chance! Praktische Arbeit macht allen Spaß und muss dringend ausgeweitet werden. Wenn wir wollen, dass in Zukunft weniger Lebensmittel weggeworfen werden und weniger Fertiggeriche konsumiert werden, müssen wir bei den Kindern ansetzen. Und wenn ein Kind beim nächsten Einkauf sagt, dass es gerne Zucchini haben will und mal nicht den süßen Kinderjoghurt, dann fangen vielleicht auch die Eltern an, über Lebensmittel und deren Verarbeitung nachzudenken. Deshalb bin ich dafür, dass Kinder in den Institutionen kochen und alles über Lebensmittel lernen.

Und ich stelle jetzt einen Stuhl in meine Küche.




Passend zum Thema: Das große Familienkochbuch oder auch Kochen für die Familie: 365 Rezeptideen.