Freitag, 18. Mai 2018

Wattwandern bei Flut!

"Sie werden hinterher nicht mehr so aussehen, wie vorher." Dies gab uns der Mann mit auf den Weg, der uns in den kommenden 2,5 Stunden durch das Watt führen sollte.

Am Tag zuvor haben wir uns kurz in Neuharlingersiel umgeschaut. Viele Orte in der Gegend enden auf -siel. Ein Siel ist ein verschließbarer Gewässerdurchlass in einem Deich. Das Siel kann sich je nach Wasserdruck, abhängig von Ebbe oder Flut, öffnen oder schließen. Das eingedeichte Binnenland wird entwässert und das Wasser fließt in eine Rinne und von dort ins Meer. Oft erhielt so ein Ort dann ein Hafenbecken, das rundherum mit Häusern bebaut wurde.

Neuharlingersiel ist so ein Ort. Klein und sympathisch. Mit hübschen Fischerbooten im Hafen. Links und rechts hinterm Deich liegen Strand und Meer. Wenn es denn da ist. Den Kindern fehlte das Meer nicht, sie hatten gleich am ersten Tag Spaß im Watt. Der Liebste und ich mieteten uns spontan einen Strandkorb und schauten ihnen zu. Wozu die Duschen installiert waren, erfuhren wir am nächsten Tag.








Um 12:30 Uhr fanden wir uns vor dem Gebäude der Kurverwaltung Neuharlingersiel ein. Dort haben wir unsere Wattführung gebucht. Außerdem bekamen wir den Tipp, Wasserschuhe zu kaufen, weil eine Wattwanderung an diesem Ort wegen scharfer Muschelschalen barfuß nicht zu empfehlen ist. Die gab es gleich nebenan im Shop. Wir stärkten uns mit Brötchen aus unserem Lunchpaket, das wir uns in der Jugendherberge gepackt hatten.

Unser Wattführer traf ein und gemeinsam überquerten wir den Deich und liefen bis runter zum Strand. Das Wetter war supersonnig und heiß, die Stimmung ausgelassen. Am Horizont leuchtete die Insel Spiekeroog. Am Strand gab es eine kurze Einführung und dann ging es auch schon los. Wir sollten das erste Stück des Wegs einfach mal ausprobieren, wie es sich läuft und unsere eigenen Erfahrungen machen.

Und das war gar nicht so einfach, wie gedacht. Von wegen schöner Spaziergang im Watt! Knöcheltief sanken wir im schlammigen Meeresboden ein. Es war total rutschig. Bei jedem Schritt saugten sich die Sohlen im Untergrund fest und ließen sich nur mit Mühe lösen. Ui. Beim ersten Stopp war die Gruppe deutlich ruhiger geworden.

Der Wattführer fragte nach unseren Erfahrungen und klärte uns auf: an dieser Stelle des Wattenmeeres herrscht das Schlickwatt vor. Das entsteht, wenn nicht so viel Strömung herrscht. Der wasserreiche feine Sand gehört zu den dichtbesiedeltsten Zonen der Erde. Das wurde uns ganz anschaulich erklärt, indem der Wattführer einen Quadratmeter auf dem Boden markierte und das mal hochrechnete. Im Sand entdeckten wir minikleine Schnecken und andere winzig kleine Lebewesen, die in den flachen Pfützen wimmelten.

Wir bekamen Tipps für die Fortbewegung im Watt und dann liefen wir wieder ein Stückchen. Das ging nun schon ein bisschen besser. Ich war froh, dass der Liebste die Augustschnuppe trug. Im Tragetuch schlief sie bald ein. Und als sie zwischendurch Hunger bekam, gab der Liebste ihr mitten im weiten Watt im Tragetuch die Flasche. Ich bewunderte ihn sehr dafür!

Beim nächsten Stopp sollten wir mal, wenn wir denn wollten, unsere Finger im Schlick versenken. Ah, ein paar Zentimeter unter der Oberfläche stießen wir auf runde harte Gebilde. Wir durften sie herausnehmen. Sie stellten sich als Herzmuscheln heraus. Wenn beide Hälften geschlossen sind, sieht die geriffelte Muschel tatsächlich aus wie ein Herz. Sie sind die häufigsten und bekanntesten Muscheln der Nordseeküste.

In der nächsten Pfütze sollten wir die Muscheln wieder ablegen und sie mal eine Weile beobachten. Überraschung! Sie bewegten sich! Sie ruckelten ein bisschen hin und her. Der kleine Bruder beobachtete ein kleines weißes Ding, was aus der Muschel hervorkam. Das war der Fuß der Muschel, mit dem sie sich wieder eingraben kann. Das war ein tolles Erlebnis für uns alle, hatten wir doch bis dahin hauptsächlich leere Muschelschalen am Strand gesammelt.

An einer Stelle im Watt, die nicht ganz so matschig war, hob der Wattführer mit seiner Grabegabel Löcher aus. Im Sand suchten wir Wattwürmer, über die wir dann auch wieder interessante Dinge erfuhren. Die geringelten Häufchen, die man oft auf dem Wattboden sieht, sind die Ausscheidungen des Wattwurms. Es handelt sich hierbei um den reinsten Sand, den man im Watt finden kann. Der Wattwurm filterte die organischen Stoffe heraus und übrig bleiben die kleinen Sandhäufchen. Ein einzelner Wattwurm kann im Jahr 25kg Sand filtern.

Weil es so schön war, überzog der Wattführer einfach mal eine ganze Stunde. Und es stimmt, wir sahen nicht mehr so aus, wie vorher. Besonders die Kinder hatten Spaß im matschigen Watt und jetzt machten auch die Duschen und Fußduschen am Strand wieder Sinn. Ich war froh, dass niemand hingefallen war und auch alle Schuhe waren noch an unseren Füßen.

Und wie war das jetzt? Wir waren bei Flut wattwandern? Ja, das stimmt. Als wir uns um 13 Uhr getroffen hatten, war gerade Niedrigwasser. Während der gesamten Zeit im Watt kam das Wasser schon wieder zurück. Es braucht dafür um die 6 Stunden, also hatten wir genug Zeit. Als wir uns auf dem Deich zum Abschied umdrehten, sahen wir vor Spiekeroog schon wieder einen Streifen blauen Wassers.










6 Kommentare:

  1. So schön. Ich liebe die Nordsee so sehr, danke dir für deinen Bericht. Da schlägt das Meerweh gleich wieder zu ♥

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  2. Ganz, ganz toll, ein erlebnisreicher und interessanter Ausflug. Hat Spass gemacht, dich zu begleiten.
    Liebe Grüße
    Susa

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  3. Ein babytragender Mann. Wunderschönes Foto! liebe Grüsse

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