Donnerstag, 3. Juni 2010

Von Warteschlangen und Kindern

Gestern in der Postfiliale: eine lange Schlange, wie immer. Ich reihe mich mit dem Mutzelchen und dem kleinen Bruder ein und hoffe, daß die beiden diesen Spaß mitmachen und bloß ruhig sind. Etwa drei Plätze vor mir steht eine Mutter mit ihrem ca. zweijährigen Sohn. Vor den Beiden stehen wiederum 6-7 andere Menschen in der Schlange. Da bekommt der kleine Junge einen Trotzanfall. Aber wie! Er will weglaufen, die Mutter muß ihn festhalten. Er springt an ihrer Hand im Viereck. Alle Angebote zur Ablenkung schlägt er aus und wird nur noch wütender. Er schreit die ganze Poststelle zusammen. Leute drehen sich um und schauen dem Treiben zu, erst belustigt, dann immer genervter. Mein Mutzelchen an der Hand ist ganz ruhig und weiß nicht, was sie davon halten soll. Ich fühle mit der Frau mit, denn ich weiß, daß man in so einem Moment Schweißausbrüche kriegt und am liebsten ganz schnell wieder draußen wäre. Ich habe solche Szenen mit meinen Kindern auch schon mitmachen müssen und weiß, daß in so einem Moment wenig hilft.
Ich denke mir die ganze Zeit, wenn die Leute so genervt sind, warum lassen sie die Frau nicht vor? Damit wäre allen geholfen. Leider sage ich nichts und ärgere mich über mich selbst, daß ich mich nicht traue.
Als ich dann endlich an der Reihe bin, ist die Mutter mit ihrem Sohn schon weg. Ich sage zu der Frau am Postschalter: "Eigentlich wünsche ich mir, daß jemand Mütter mit solchen Kindern mal vorlässt, denn so kleine Kinder können manchmal nicht warten." Da sagt die Postfrau zu mir: "Das Kind braucht einen Klaps, dann bekommt es einen Schreck und ist still!"   Da war ich aber baff! Das ist absolut keine Option für mich! Mir kamen nur noch die Worte: "Nee, damit wird alles nur noch schlimmer!" über die Lippen und dann will ich ganz schnell da weg. Draußen fällt mir ein, daß ich eigentlich noch etwas fragen wollte, aber ich wollte mit dieser Frau kein Wort mehr wechseln. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man mit solchen Leuten nicht diskutieren kann. "Es hat uns ja auch nicht geschadet!" kommt dann meistens als Argument. Ich glaube, es hat mehr geschadet, als man sich denken kann.
Und ich nehme mir fest vor, daß ich beim nächsten Mal, wenn hinter mir in der Schlange ein Kind einen Trotzanfall bekommt, die Mutter vorlasse.

(Mal ganz davon abgesehen- was wäre passiert, hätte die Mutter in der Post vor allen Leuten ihr Kind geschlagen? Hätte dann auch niemand etwas gesagt? Hätten alle zustimmend genickt?)