Den Extratag in diesem Jahr haben der Liebste und ich maximal ausgenutzt. Nachdem alle Kinder in der Schule waren, haben wir einen zweiten Kaffee im Bett getrunken. Doch allzu lange haben wir nicht getrödelt, denn wir hatten einen Ausflug nach Rostock geplant.
Im Vorfeld suchten wir ein Parkhaus am östlichen Rand der Innenstadt aus, von dem aus wir ganz bequem in die Stadt laufen konnten. Zuallererst waren wir frühstücken.
Von einem Mitarbeiter wurden wir überaus freundlich empfangen. Wir bekamen ein Blatt mit den wichtigsten Infos in die Hand und durften uns dann im Haus frei bewegen.
Durch eine Schleuse betraten wir die Haftanstalt. Ein Barkas stand in der Einfahrt, mit dem die verhafteten Menschen hineingefahren wurden. Sofort standen wir in den Gängen mit den vielen Zellen. In fast jeder Zelle gab es neue Informationen über die Haftbedingungen, die Verhöre und die psychische und physische Gewalt, die während der DDR-Zeit dort ausgeübt wurde.
Anhand von Einzelschicksalen mit Namen, Fotos und Dokumenten kamen wir der Zeit sehr nahe. Manchmal reichten wirklich nur Kleinigkeiten, um ins Visier der Stasi zu geraten. Selbst Jugendliche waren davor nicht gefeit.
Das Gefängnis zieht sich über drei Etagen. In einer Etage wird über die friedliche Revolution, die zur Wende führte, berichtet.
In der nächsten Etage wird in einer Sonderausstellung von der Flucht aus der DDR über die Ostsee erzählt. Wieder wird anhand von einzelnen Objekten die Geschichte von Menschen erzählt, die sehr erfindungsreich sein mussten. Surfbretter oder Tauchanzüge wurden zum Beispiel in mühevoller Handarbeit aus vielen kleinen Stücken selbst zusammengesetzt.
Ich wurde auf jeder Etage besonders von den Fußbodenbelägen getriggert. Das hatte ich nicht erwartet. Zusammen mit den Farben und Gerüchen um mich herum fand ich mich plötzlich in meiner Kindheit in der DDR wieder. Diese Beläge kenne ich noch aus dem Kindergarten, aus der Schule, aus Arztpraxen, ja sogar von Zuhause. Dann gab es auch noch überall diese Plastikarmaturen und Kleiderhaken. Das war echt beklemmend und mir wurde ganz schwindelig.
Da ich im Moment auch noch das Buch "Die Möglichkeit von Glück" von Anne Rabe (Amazon-Partner-Link) lese und mich darin erschreckend oft wiederfinde, stecke ich gerade in dieser Vorwendezeit und bin noch am Verarbeiten und Neubewerten vieler Erinnerungen.
Beim Verabschieden unten am Empfang muss mir der Mitarbeiter mein Gefühlschaos im Gesicht angesehen haben. Er war ganz erschrocken und schickte uns zum Durchatmen raus an die frische Luft. Insgesamt also beileibe kein fluffig-leichtes Ausflugsziel, aber der Besuch ist enorm lehrreich und unbedingt zu empfehlen!
Die Sonne draußen tat gut! Und wir hatten noch etwas sehr Schönes vor! Die Mama des Liebsten hatte uns zu Weihnachten ein Paar-Floating geschenkt. Im Ruhepol Rostock wurden wir schon erwartet. Schon das Gebäude und die Räume luden zur Entspannung ein. Wir bekamen eine liebevolle Einweisung und hatten dann den Raum zum Floaten für uns ganz alleine.
Eine ganze Stunde lang schwebten der Liebste und ich nebeneinander in schummerigen Licht bei atmosphärischen Klängen in warmen Salzwasser. Ahhhhh, es war so herrlich! Irgendwann spürte ich kein Oben und Unten mehr und war mehrmals seelisch am Schweben, wie in dem Moment kurz vor dem Einschlafen. Kennt Ihr das? Sehr entspannt verweilten wir hinterher noch kurz im Ruhebereich. Es war sicher nicht unser letzter Besuch dort.
Die Kirche St. Nikolai wurde ab 1230 erbaut und gehört damit zu den ältesten noch erhaltenen Hallenkirchen des Ostseeraumes. Unter dem Chor befindet sich ein Straßendurchgang, der sogenannte "Schwibbogen". Über dem Durchgang befindet sich ein Bildnis des Heiligen Nikolaus, dem Patron der Seefahrer.
Im Törtcheneck gönnten wir uns noch zwei wundervolle Törtchen, die wir auf dem Rückweg zwischen Wochenendgroßeinkauf und zu Hause ganz unromantisch auf dem Parkplatz verspeisten.
Abends waren wir in Wismar sogar noch tanzen. Was für ein toller Extra-Tag!
Ich danke für das Mitlesen und die Anteilnahme. Hier gibt es die Möglichkeit, etwas in die virtuelle Kaffeekasse zu tun. Vielen Dank dafür!