Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir. Diese Erkenntnis ist mir zu hoch, ich kann sie nicht begreifen. Denn Du hast mich geschaffen – meinen Körper und meine Seele. Im Leib meiner Mutter hast Du mich gebildet. Herr, ich danke Dir dafür, dass Du mich so einzigartig gemacht hast. Wunderbar ist alles, was Du geschaffen hast, das erkenne ich. Schon als ich im Verborgenen Gestalt annahm, unsichtbar noch, kunstvoll gebildet im Leib meiner Mutter, da war ich Dir dennoch nicht verborgen. Als ich gerade erst entstand, hast Du mich schon gesehen. Alle Tage meines Lebens hast Du in Dein Buch geschrieben noch bevor einer von ihnen begann.
aus dem Psalm 139
Ich sitze mit dem Liebsten an unserem Esstisch. Vor uns stehen noch die Reste vom Frühstück. Die Kinder sind schon aufgestanden und spielen in ihren Zimmern. Wir gießen uns eine zweite Tasse Kaffee ein und unterhalten uns. Irgendwas ist total lustig und ich lache ganz laut los. Im selben Moment zieht sich ganz plötzlich ein breites Band um meinem Brustkorb zusammen und Traurigkeit steigt bis in meine Kehle hoch. Ich kann nicht atmen und muss weinen. Der Liebste streckt mir seine Hand entgegen und wir halten uns eine Weile, bis es mir wieder besser geht.
Dieses Auf und Ab begleitet mich durch die Tage nach der Operation. Wie im "richtigen" Wochenbett nach den Geburten habe ich mit dem Abfall der Schwangerschaftshormone zu tun. Haut und Haare verändern sich wieder, ich blute lange, aber dennoch nicht genug. Ich brauche weitere Maßnahmen und Medikamente. Nicht angenehm, aber das alles gehört zum Prozess. Total schleierhaft ist mir, wie ich meiner Ärztin anfangs sagen konnte, eine Woche Krankschreibung von meiner Arbeit würde mir völlig ausreichen. Aufstehen. Weitermachen. Klar! Aber nicht immer macht der Körper da mit. Die Seele sowieso nicht.
Auch wenn unser fünftes Kind noch so unglaublich klein war, hat es schon ganz viel Liebe, Hoffnung und Glück mit sich gebracht. Es war schon mehr als nur ein bloßer Gedanke und es hat schon Geschichte in unseren Herzen geschrieben.
Mit der Zeit werden die Tränen weniger. Der Alltag ist fordernd und tröstlich zugleich. Ich will für meine Kinder da sein, die hier und jetzt mit mir leben und mich brauchen. Ich bin froh über jedes kleine Zeichen, die sie in meinem Leben hinterlassen. Da sind Mutzelchens lustige Ideen und Geschichten. Da ist das kleine Tierchen, das der Adventsjunge am Morgen in meinem Bett vergisst. Da gibt es den Stapel heimlich in der Nacht gelesener Bücher vor dem Bett des kleinen Bruders. Da ist die Whatsapp-Nachricht vom Großen, der Hilfe braucht und die liebe Nachricht meiner Bonustochter, die sich um mich sorgt.
Ich bin dankbar für meinen Lieblingslavendelduft und sauge ihn ganz tief ein. Ich bin dankbar für Schmerzmittel, oh ja! Ich bin dankbar für die erste Kastanie in meiner Hand, für Blumen im Herbstgärtchen und auf meinem Tisch. Ich bin dankbar über die Anteilnahme so vieler Menschen um mich herum. Mitfühlende Kommentare und liebe Post rühren mich jedes Mal sehr. Ich bin dankbar für jede Umarmung, jedes nette Wort und für die Menschen, die mich und uns im Moment ein bisschen mittragen. Sehr viele Frauen haben mir geschrieben, dass ihnen Ähnliches passiert ist. Oft wird geschwiegen, weil es für solche Situationen einfach kein Patentrezept gibt. Alles hier aufzuschreiben und zu teilen hat mir beim Verarbeiten sehr geholfen. Danke fürs Lesen! 💜
Leider war alles auch nach vier Wochen noch nicht ausgestanden...