So wohnte meine Familie im November 1989. Nach einem Ausreiseantrag und jahrelangen Schikanen wurden wir offiziell aus unserem Heimatland ausgebürgert. Unsere Adresse war nun eine überfüllte Turnhalle in einem Bezirk im Berliner Westen. Wir hielten uns dort nicht oft auf, denn meine Eltern mussten tagsüber viele Ämtergänge erledigen. Wir Kinder waren immer mit dabei. Den ganzen Tag liefen wir viel und warteten noch mehr in irgendwelchen Gängen. Das war langweilig und ermüdend. Es war sehr kalt und grau in diesen Novembertagen.
Und dennoch: wir mussten nicht um unser Leben fürchten. Alle um uns herum redeten in unserer Sprache. Wir waren sogar noch in derselben Stadt. Wir waren frei. Nur ein paar Tage später wohnten wir alle zusammen in einer kleinen 2-Zimmer-Wohnung unterm Dach. Eine Kirchengemeinde hatte uns geholfen und sogar Möbelspenden organisiert. Nach 9 Monaten konnten meine Eltern endlich eine eigene große Wohnung für uns mieten und es ging uns schon viel besser.
Unsere Lage nach der Ausreise aus der DDR lässt sich nicht vergleichen mit der Lage meiner Oma und ihrer Familie im letzten bitterkalten Kriegswinter. Der Landweg war abgeschnitten, so mussten sie mit dem Pferdewagen über das Eis der Ostsee aus Ostpreußen fliehen. Viele um sie herum sind dabei umgekommen. Meine Oma war ein junges Mädchen, 16 Jahre alt, und musste sich auch noch vor den Soldaten in Acht nehmen. In Mecklenburg bekam die Familie Obdach auf einem Bauernhof. Sie waren endlich frei. Meine Oma hat nie viele Worte über diese schlimme Zeit verloren. Wahrscheinlich wollte sie diese unvorstellbaren Bilder einfach nur gut wegschließen, denn vergessen hat sie nie. Die Erinnerungen saßen tief drinnen und beeinflussten ihr ganzes späteres Leben.
Unser aller Leben hing ganz maßgeblich von Menschen ab, die Herz und Tür für uns geöffnet haben.
Ich trage das weiter und helfe immer, wo ich kann. Bei Freunden, in der Nachbarschaft, in Schule und Kindergarten. Ich möchte jetzt und heute mit meinen Möglichkeiten dazu beitragen, Menschen zu helfen, die nach ihrer Flucht in unserem Land ankommen. Die traumatisiert sind und Hilfe brauchen und einfach nur in Ruhe leben wollen. Die frei sein wollen.
Als Bloggerin möchte ich zum Nachdenken und zur Mithilfe aufrufen. Viele Bloggerinnen und Blogger tun es mir gleich. Wir haben uns zur Initiative "Blogger für Flüchtlinge" zusammengeschlossen. Hier ein aktueller (Radio)Bericht darüber. Wir möchten nicht schweigen, sondern handeln. Wir rufen auf zur Solidarität mit Flüchtlingen.
Ganz konkret sieht es bei mir so aus: ich spende Geld für die Flüchtlingshilfe. Die Spendenaktion von "Blogger für Flüchtlinge" auf betterplace.org z.B. hat in kurzer Zeit schon viele Menschen zum Spenden bewegt. Ich räume mit meinem Mann seit Tagen unseren Keller aus. Viel zu viele gut erhaltene Kleidungsstücke und Schuhe, aber auch Kinderspielzeug und Decken warten dort seit Jahren auf einen Verkauf auf dem Flohmarkt. Es ist mir fast peinlich, welch Überfluss in unserem Keller schlummert. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt gekommen, diese Sachen weiterzugeben.
Ich habe den Bürgerverein unseres Ortsteils kontaktiert und gefragt, ob unsere Spenden in den Flüchtlingsunterkünften vor Ort benötigt werden. Unsere Sachen sind dort willkommen. Wenn das neue Schuljahr begonnen hat, weiß ich, wann ich Zeit übrig habe, um vielleicht noch mehr zu helfen.
Die Stadt Hamburg hat hier veröffentlicht, wo man sich direkt in den Bezirken engagieren kann. Für Berlin sammelt die Stiftung "Gute Tat" Kontaktmöglichkeiten für Helferinnen und Helfer. Unter dem Hashtag #BloggerfürFlüchtlinge finden sich auf Twitter zahlreiche Berichte, Informationen und Neuigkeiten. Wer im Blog ein Zeichen setzen möchte, darf sich hier ein Logo herunterladen.
26.08.2015: Jetzt neu: Die offizielle Seite von Blogger für Flüchtlinge. Zum Informieren, Mitmachen, Vernetzen und Weitersagen.
Sagt es bitte weiter! Helft mit!
Menschen für Menschen.
Danke!