Montag, 28. März 2011

Travemünde

Die Sonne strahlt vom hellblausten Himmel seit dem Winter. Ich will ans Meer! Ich will Wind und Wellen und einen weiten Blick. Das nächste Meer, das wir von uns aus in 40 Minuten erreichen können, ist die Ostsee. Da ich gerade dieses Buch von Maximilian Buddenbohm lese, will ich also mal nach Travemünde. Das kenne ich noch nicht. Travemünde. Klingt für mich irgendwie mondän. 

Als Tagestouristen parken wir unser Auto am Fischereihafen. Der Hafen ist ziemlich klein. Von Fischkuttern aus wird frischer Fisch verkauft, den sich Menschen in ihre mitgebrachten Kühltaschen tun. Aus den vielen Buden riecht es nach Räucherfisch und macht Appetit. Schade, daß wir gerade erst ausgiebig gefrühstückt haben. Jetzt wollen wir doch aber endlich ans Meer. Da hinten, hinter der Kurve muß es doch kommen. 

Nein, da kommt der Busbahnhof, an dem Busse aus Lübeck halten. Ein paar schöne alte Backsteinhäuser gruppieren sich um eine alte Kirche mit einem goldenen Wetterhahn auf der Turmspitze. Wir laufen durch eine Einkaufsmeile mit Boutiquen, Eiscafés, Restaurants und Klimbimläden. Die Menschen bevölkern die Plätze in der Sonne und halten ihre weißen Nasen in die Sonne. Die Sonnenbrillen sind groß, die Accessoires sehr golden und die frischgebackenen Eltern irgendwie schon ganz schön grau an den Schläfen. Wann kommt denn endlich das Meer? 

Leuchtturmgleich zeigt uns ein kastiger Hotelkomplex den Weg. Dieses Ungetüm mit mehr als 20 Etagen überragt den Ort und man weiß nicht, wie man das nun finden soll. Das Mutzelchen fragt das erste Mal nach etwas zu Essen. Wir laufen und laufen, immer entlang der Trave, die hier doch irgendwo ins Meer fließen soll. Die Füße werden langsam schwer. Der kleine Bruder quengelt. Der Große fragt, wann wir wieder nach Hause fahren. Gleich kommt bestimmt das Meer, pass auf! 

Wir passieren eine gewaltige Baustelle am Hochhaushotel. Davor beginnt der Strand. Der Weg ist zu Ende. Wir sind am Meer. Hm. Träge plätschern ein paar Wellen an den Strand. Ich habe irgendwie etwas anderes erwartet. Weiten Blick, langen Strand und eine frische Brise. Das hier ist eine kleine Bucht und weit blicken kann man nicht. Ja, da oben, im 27. Stock des unsäglichen Hotels, ja, da kann man bestimmt weit blicken! 

Wir locken das Mutzelchen vom überfüllten Strandspielplatz und essen bei Fisch-Paule ein Fischbrötchen. Jetzt müssen wir den ganzen Weg zum Auto wieder zurück. Bei Niederegger machen wir Halt und jeder bekommt eine Eiskugel. Von der pampigen Bedienung werden wir von unseren Plätzen verscheucht. Sie sieht doch, daß wir gleich fertig sind! Wir essen unser Eis im Stehen und schauen zu, wie Leute die Überpopulation von Enten mit nicht artgerechtem Zeugs füttern und Männer ihre großen Hunde ins eiskalte Wasser springen lassen. Wir laufen an mit bunten Plastikeiern übersäten Vorgärten vorbei bis zu unserem Auto. Uff. 

Am Abend haben wir alle von der Sonne rote Nasen und Wangen. Ich lese vor dem Einschlafen noch ein paar Kapitel vom Buddenbohm. Ich lese von Imbissbuden und hemdsärmeligen Witzen und verstehe nun voll und ganz, warum es ihm nicht fehlt, am Meer zu sein. Mir fehlt es schon und deshalb fahren wir am nächsten schönen Wochenende ans richtige Meer.