An Heiligabend ließ der kleine Bruder das erste Mal in seinem Leben den Mittagsschlaf ausfallen. Ausgerechnet! Und der Große hatte den ganzen Tag über Bauchschmerzen. Also wollte ich mit dem Mutzelchen alleine zur Christvesper in der nahegelegenen Kirche gehen. Der Liebste sollte in der Zwischenzeit mit dem kleinen Bruder den Weihnachtsmann spielen und alle Geschenke unter dem Baum drapieren. Seit ich denken kann, findet eine Christvesper um 16 Uhr statt. Deshalb ging ich mit der Kleinen um 15.30 Uhr los. Vor der Kirche war es seltsam unbelebt, so gar nicht passend für einen Heiligabend. Das lag daran, daß die Christvesper schon um 15 Uhr begonnen hatte und die Kirche schon zum Bersten voll war. Es hatte keinen Sinn, sich noch dazuzuquetschen. Mit einem komischen Gefühl von Abgewiesensein ging ich mit der Kleinen wieder nach Hause. Ich glaube, das war das erste Mal in meinem Leben, daß ich nicht in der Christvesper war.
Zu Hause hatte der Liebste gerade erst angefangen, die Geschenke unter den Baum zu legen, also wartete ich mit den beiden Kleinen im Kinderzimmer. Der Große kam aus seinem Zimmer und weinte bitterlich, weil er so starke Bauchschmerzen hatte. Der Grund zeigte sich nur ein paar Minuten später, als er das gesamte Badezimmer (und ich meine auch das gesamte, inklusive Wänden und Schränken) vollspukte. Meine Güte! Ich habe bestimmt eine halbe Stunde geputzt. Und Nudelsuppe kann ich jetzt für eine Weile nicht mehr sehen. Als alles wieder schön nach Frühlingsfrische roch, konnten wir endlich zur Bescherung schreiten. Der Große lag auf dem Sofa und wäre zwischendurch fast eingeschlafen, der kleine Bruder wollte sich ständig selbst an den Geschenken bedienen. Das Mutzelchen war von ihrem großen Stall sehr angetan und fing sofort an, damit zu spielen. Alle Geschenke sind gut angekommen und haben gepasst. Ich habe von meinem Liebsten eine neue Kamera bekommen. Wir müssen erstmal Freunde werden und dann bin ich gespannt, was ich so aus ihr herausholen kann. Nach Kartoffelsalat und Würstchen mit zwei müden Kleinkindern und Tee und Körnerkissen für den Großen freuten wir uns einfach nur aufs Sofa. Der kleine Bruder fasst sich verdächtig oft an die Ohren. Weihnachten mit kleinen Kindern und kranken Kindern ist alles andere als besinnlich. Als ich um 23 Uhr im Bett liege und am Einschlafen bin, läuten draußen die Kirchenglocken. Es ist Weihnachten.