Montag, 15. November 2010

Berlinreise

Berlin. Erinnerungen ziehen vorbei wie die Straßenschilder. In der Hauptstraße in Berlin- Schöneberg gibt es fast nur noch Telefonläden und Nagelstudios. Im Gottesdienst in der Heimatgemeinde ist es wohlig warm vor Herzenswärme vieler vertrauter Menschen. Ich hatte mir vorgenommen, nicht zu heulen vor Sentimentalität, aber als die Zwillingsmädchen gesegnet werden, die eigentlich gar nicht leben dürften, ist es vorbei mit meinem Vorsatz. Die Tränen laufen und lassen sich schwer stoppen. Rührung, Staunen, Glück, Trauer, Dankbarkeit, Heimweh laufen mir die Wangen hinunter. Danach essen gehen mit der Familie. Weißt Du noch, hier gehen wir seit 20 Jahren hin. Zusammensitzen als wären wir nicht schon über ein Jahr weg aus Berlin. Kuchen gibts bei der Oma wie immer reichlich. Mit einem Kuchenpaket im Kofferraum fahren wir Richtung Pankow um unsere Nachbarn zu besuchen. Unsere ehemaligen Nachbarn. Der Weg über die Stadtautobahn ist so vertraut. Weißt Du noch...? Wie oft sind wir an diesem S- Bahnhof die Treppen hoch und runter gelaufen? Unseren Bäcker gibt es noch. Oh, hier soll gebaut werden. Die Flugzeuge im Himmel über Pankow haben wir nicht vermisst und staunen, wie niedrig die doch fliegen über unser altes Haus. Hier sind wir zwei Mal in der Nacht mit unseren ein paar Stunden alten Babys ins Haus geschlichen. Durch das Treppenhaus, wo an den Wänden die Farbe abblättert. Wir laufen an unserer Wohnungstür vorbei, an der jetzt ein anderer Name steht. Zusammensitzen mit den Nachbarn. Wie schon unzählige Male zuvor. Verabschiedung. Als wir am Haus vorbeifahren, brennt in unserer alten Wohnung Licht. Grell und kahl sehen die Räume aus. Durch Pankow fahren. Erinnerungen lauern an jeder einzelnen Ecke. Hier sind wir einkaufen gegangen. Hier bin ich schon als Kind zum Schwimmen gegangen. Seufzen. Wenn man kein Heimweh bekommen will, sollte man solche Reisen meiden. Die Fahrt im Dunklen ist anstrengend und macht Kopfschmerzen. Die Kinder schlafen nicht ein sondern quengeln. Sie wollen nach Hause in ihr Bett. Ankommen. Als ich im Bett liege habe ich einen Kloß im Hals und eine Träne versickert leise im Kopfkissen. Hamburg.