Freitag, 2. Juli 2021

Fünfundvierzig

Ich gebe zu: das vergangene Lebensjahr gehörte nicht unbedingt zu meinen besten. Viel zu oft war ich gereizt und schlecht gelaunt. Ich habe viel gehadert und geweint. Immer weniger gelacht. Ich wollte oft einfach nur noch raus, weg, woanders hin. 

Der Wegfall aller meiner außerfamiliären Aktivitäten und der damit verbundenen Kontakte zu anderen Menschen hat mir sehr zu schaffen gemacht. Kein Sport, kein Kino, kein Museum, kein Ehrenamt, kein Job... das hat mir alles sehr gefehlt.

Zurückgeworfen auf die eigenen vier Wände, die ganze sechsköpfige Familie in vier Zimmern auf 100 Quadratmetern 24/7 um mich herum, dazu der ganze Homeschooling- und Haushaltskram, der doppelt und dreifach anfällt, wenn alle rund um die Uhr zu Hause sind, nee, das hat mir nicht besonders gefallen. Knatsch gab es zwischen dem Liebsten und mir im letzten Jahr so viel wie in den ganzen 14 Jahren davor nicht.

Dabei ging es uns noch vergleichsweise gut. Natürlich. Und jammern ist da einfach nicht drin, ist klar. Ich habe mich sehr zusammengerissen, immer das Positive zu sehen. Das ist harte Arbeit, wenn die Gedanken düster sind und das eigene Dasein völlig nutzlos erscheint. Obendrein habe ich mich geschämt, weil ich mir so undankbar vorkam. Uff. Irgendwann ist mir nebenbei aufgefallen, dass die depressiven Phasen regelmäßig alle vier Wochen wiederkehren. Ah! Das werde ich demnächst mal genauer angehen. 

Der Umzug nach Wismar hat an einigen Stellen Erleichterung gebracht. Wohnung und Umgebung sind einfach traumhaft! Ich freue mich jeden Tag, dass uns das passiert ist. Doch auch hier ist nicht alles nur Friede, Freude, Eierkuchen. 

Meine Hoffnung richte ich jetzt auf einen Alltag, der hoffentlich im Herbst Einzug hält. Auf regelmäßigen Terminen, Kindergarten, Schule und Arbeit. Dann werden auch die Kontakte zu anderen Menschen hoffentlich wieder zahlreicher.

Heute bin ich fünfundvierzig Jahre alt geworden. Es war ein wunderbarer Tag mit schönen Geschenken, einem Frühstück am Leuchtturm in Kühlungsborn, einem kleinen Ausflug ans Meer, Schokoladentiramisu von den Kindern, Eiskaffee mit meinem Großen, den ich vom Bahnhof abholte und Schnittchenteller für alle beim Fußball gucken. 

Ich habe beschlossen, 45 ist die Hälfte. Ungefähr ;-)







Ich danke für das Mitlesen und die Anteilnahme. Ich will denen, die es gerne möchten, die Möglichkeit geben, etwas in die virtuelle Kaffeekasse zu tun. Herzlichen Dank für die Anerkennung!