Montag, 2. März 2015

"Mama, das brauchst Du nicht nochmal kochen!"


Das war eine klare Ansage von den Kindern am Wochenende. Ach schade.

Vielleicht hatte ich da in meiner Erinnerung etwas verklärt?

Es war wohl der Sommer 2002. Mein Großer war im Kindergarten. Ich setzte nach einer Pause meine Ausbildung zur Erzieherin fort und arbeitete ein ganzes Jahr in einem sogenannten "Kinderladen". Der Kinderladen wurde von Eltern gegründet und verwaltet. Er befand sich in einer großen Altbauwohnung im Erdgeschoss eines Mietshauses. 4 Zimmer, Küche, Bad, kindgerecht eingerichtet mit viel Holz und Platz zum Spielen, Lesen, Basteln, Toben und Kuscheln. Ich war Praktikantin und hatte zwei Kolleginnen, die schon lange zusammen arbeiteten. Sie waren beide ganz unterschiedlich und ergänzten sich gut. Wir betreuten 15 Kinder von 1 bis 7 Jahren. Während des Jahres durfte ich viele wertvolle Erfahrungen machen und habe eine Menge für mich und meinen Beruf gelernt. Wir feierten zusammen tolle Feste und fuhren sogar auf eine Kinderladenreise auf einen Bauernhof in der Altmark. Ich fühlte mich in der Einrichtung sehr wohl. Mit einer Kollegin von damals bin ich heute immernoch befreundet.

Im Kinderladen lernte ich das erste Mal einen Biolieferdienst kennen. Wir bekamen jede Woche Obst, Gemüse, Milch, Joghurt und frisches Brot für das gemeinsame Frühstück geliefert. Das war immer sehr lecker. Wir rührten jeden Morgen warmen Kakao an und aßen von richtigem schlichten Geschirr.

Im Kinderladen kochten wir zusammen mit den Kindern oder es gab Mittagessen, das reihum von den Eltern gekocht wurde. Durch unterschiedliche Nationaliäten, Vorlieben und Kochcharaktere kamen wir in den Genuss ganz verschiedener Speisen. Das war immer sehr spannend. Sehr gut in Erinnerung geblieben ist mir persisches Essen und bis heute unerreichte Käsespätzle.

An einem Sommertag war die ganze Kindergruppe eingeladen, einen Jungen zu Hause zu besuchen. Wir fuhren alle mit der Straßenbahn und gelangten in ein wunderschönes Haus mit riesigem wilden Garten. Die Kinder stromerten unter den uralten Obstbäumen herum und später saßen wir an einem langen Tisch auf einer Terrasse aus Holz. Es gab ganz kleine Semmelknödel in einer hellen Soße mit Erbsen und Kochschinken. Ich schrieb mir das Rezept ab. Seitdem liegt der Zettel, mit vielen anderen, in meinem Rezeptbuch und jedes Mal, wenn ich ein Rezept suche, blättere ich an ihm vorbei und denke, ach, das wollte ich doch auch mal kochen. Das steht auf meinem Zettel:

5 alte Brötchen
1/4 l Milch
3 Eier
100g körniger Frischkäse
1 Bund Petersilie
1 Prise Muskat

*  Brötchen in hauchdünne Scheiben schneiden
*  Milch erwärmen und über die Bötchen geben
*  Eier und Frischkäse untermengen
*  gehackte Petersilie und Muskat dazu
*  mit feuchten Händen kleine Klöße formen
*  in einem großen Topf Salzwasser zum Kochen bringen
*  Klöße dazugeben, aufkochen lassen und dann 10 Minuten ziehen lassen

dazu passt: Tomatensauce oder tiefgefrorene Erbsen in etwas Brühe und Sahne garen, mit Kräutern und Kochschnikenwürfeln abschmecken

So habe ich es auch gemacht. Leider fehlten mir für die helle Sauce die Zutaten, deshalb gab es am Wochenende Tomatensauce zu den kleinen Semmelknödeln. Und warum mochten die Kinder das Essen nicht? Nun, tatsächlich schmeckten die Knödel nach nichts. Nach Brötchen halt. Wie Semmelknödel so schmecken. Vielleicht hätten mehr Gewürze gut getan. Pfeffer war noch drin. Ich fand es auf alle Fälle toll und tue es immernoch. Das Rezept ist super, um alte Brötchen oder Brot zu verwerten. Aber damals im Garten unter den hohen alten Bäumen schmeckte dieses Essen natürlich noch tausendmal besser.