Freitag, 7. Juni 2013

"Besser scheitern" - Eine Ausstellung

Ever tried. Ever failed. No matter.
Try again. Fail again. Fail better.

Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei.
Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern. 

Samuel Beckett, Worstward Ho, 1983



Scheitern? Sich Fehler eingestehen? Zweifeln? Versagen? Nichts ist mehr, wie es vorher war? Das ist unangenehm und in unserer heutigen Gesellschaft nahezu ein Tabu. Was zählt sind Leistung, Erfolg und Karriere.

Besser scheitern? Wie soll das denn gehen? Was soll an Scheitern denn so toll sein? Und dann soll man es auch noch besser machen? Ist Scheitern denn schlecht? Oder ist der tiefste Punkt nicht auch der Punkt, an dem es wieder aufwärts geht und etwas völlig Neues beginnen kann?

In der Film- und Videoausstellung "Besser scheitern" in der Hamburger Kunsthalle sind Werke von Künstlern zusammengetragen, die sich mit dem Phänomen des Scheiterns auseinandergesetzt haben.

Da sieht man ein Mädchen, das bei einem Museumsbesuch mit ihrer Schulklasse ein Bild von Picasso skizziert. An die Genialität des Künstlers wird sie nie heranreichen. Trotzdem ist sie konzentriert bei der Sache. Man kann ganz deutlich die Kritzelgeräusche auf dem Papier hören.

Da sieht man einen alten VW Käfer wieder und wieder einen Hügel hinauffahren, untermalt von einer Blaskapelle. Wie ein Pendel geht das. Die Musik spielt geradezu anfeuernd, der Wagen fährt den Hügel hoch. Die Musik wird leiser, bricht ab: der Wagen rollt den Hügel wieder hinunter. Die Szenerie erinnert an Sisyphos.

Da ist ein niederländischer Künstler, der sich selbst immer wieder beim Fallen gefilmt hat. In einer Endlosschleife sieht man ihn vom Dach fallen oder mit dem Fahrrad immer wieder in eine Gracht fallen. Die Filme laufen auf uralten Projektoren. Im Hintergrund hört man einen Chor alte Lieder singen. So passiert an dem Tag, an dem der Künstler mit einem kleinen Boot aufbrach, um den Atlantik zu überqueren. Er kam nie wieder zurück. Was für ein Scheitern!

Ein Streichquartett spielt ein Werk Beethovens. Nach dem ersten Satz wechseln die Musiker ihre Plätze und Instrumente. Viermal wird gewechselt, die Melodie wird immer unkenntlicher und wir sehen den Musikern dabei zu, wie sie versuchen, ihre Haltung zu bewahren. Die Videokünstlerin haben wir im Anschluss an unsere Führung getroffen und konnten einen kleinen Einblick in ihre Arbeitsweise bekommen.


Ich bin der Einladung zu einer Führung für Blogger gefolgt, weil ich noch nie in der Hamburger Kunsthalle war. Wahrscheinlich hätte ich mir diese Ausstellung gar nicht angeschaut. Zu modern und abstrakt. Eher hätte ich mir die Paul- Klee- Ausstellung angesehen, die vielleicht gefälliger ist. Ich bin aber sehr froh, dass ich gestern Abend dabeisein durfte. Ich habe gemerkt, wie sehr mir das gefehlt hat. 2 Stunden Kunst sehen und darüber reden. Ausstellungsluft schnuppern, Raumwirkungen erleben, sich anderen Seh- und Denkweisen aussetzen. Die Führung der Kuratorin war ganz wunderbar. Wie viele Denkanstöße es für mich gab! Wie meine Seele alles aufsog, wie ein trockener Schwamm! Wie mir das gefehlt hat! Abgemacht: ich mache das jetzt wieder öfter! Auch mit den Kindern.
Nach der Ausstellung flanierten Ina, Isabel, Maximilian und ich im herrlichsten Hamburgabendsonnenschein zu einem kleinen Café und haben noch ein Weilchen zusammengesessen und gegessen und getrunken. Sven hat derweil aus der U-Bahn gebloggt. Ein toller Abend, der noch lange nachklingen wird!


Für 2 LeserInnen habe ich noch etwas Besonderes zum Verlosen mitgebracht: je eine Freikarte für die Hamburger Kunsthalle. Die Karten für einen Besuch in der gesamten Hamburger Kunsthalle sind ab jetzt ein ganzes Jahr gültig. Wer eine Karte haben möchte, sagt mir in seinem Kommentar Bescheid. Ich werde in einer Woche, am 14. Juni, auslosen. Vielen Dank der Kunsthalle! 


Noch ein Hinweis: der Eintritt in die Hamburger Kunsthalle kostet 12 Euro, ermäßigt 6 Euro. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren haben freien Eintritt in alle Ausstellungen.
Das ganze Jahr über finden ganz viele unterschiedliche Ausstellungen statt. Auch für Kinder gibt es viele interessante Angebote.