Samstag, 6. April 2013

Vom Eise befreit...


... sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in raue Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes:
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlt's im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurückzusehen.
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behänd sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluss, in Breit' und Länge,
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und bis zum Sinken überladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein.
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) (aus: Faust I, Vor dem Tor)


Eigentlich wollte ich nur die erste Zeile als Überschrift verwenden, aber dann hat mir das Gedicht mal wieder so gut gefallen, dass ich einfach alle Zeilen aufgeschrieben habe.

Ja, so ist es! Das Eis schmilzt und gibt unser Gärtchen wieder frei. Und siehe da: die ersten grünen Triebe recken sich den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen. Was das alles genau ist, weiß ich nicht. Ich habe es nicht gesät oder gepflanzt. Wir wohnen ja erst ein Jahr hier. Wie spannend!
Doch! Die Jostabeeren und das Tränende Herz habe ich gepflanzt. Die erkenne ich. Und die Walderdbeeren haben seit dem Herbst irgendwie das ganze Beet überwuchert. Ich glaube, ich lasse sie gewähren.

Jostabeere
Tränendes Herz

2 Kommentare:

  1. Gänsehaut Gedicht! Wunderbar am Sonntagmorgen zu lesen♥!

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  2. Heute hat diese Gedicht bei uns auch gepasst. Und ich kann es nach all den Jahren immer noch auswendig.

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