Mitte des Jahres, als wir für den Sommerurlaub packen, fällt es uns auf. Da in Ferienwohnungen meistens normale Kaffeemaschinen stehen, nehmen wir immer den gemahlenen Kaffee mit. Davon haben wir einen Vorrat, denn meine Oma schenkte uns regelmäßig zum Geburtstag und zu Weihnachten eine Packung Kaffee. Die gute Krönung. Säuberlich eingewickelt in Geschenkpapier. Das war für sie etwas ganz Besonderes. Kriegsgeneration. DDR-Bürger. Echter Bohnenkaffee war Währung und Luxus. Wir können wenig mit der Packung Kaffee anfangen. Ganz unten im Vorratsschrank liegen einige Packungen in buntem Papier und warten auf ihren Einsatz im Urlaub.
Nun ist also unser Kaffee alle. Und mir fällt auf, dass noch mehr Dinge fehlen. Kleine Dinge, die einfach zum Alltag dazugehörten. Die wöchentlichen Telefonate. Die Geburtstagskarten mit der alten verschnörkelten Schrift. Unsere Urlaubspost umfasst eine Karte weniger. Gedanken und Sorgen um eine Person der Familie sind verschwunden. Es gibt eine Adresse weniger, die wir ansteuern. Ich habe keine direkten weiblichen Vorfahren mehr.
Als wir vor genau einem Jahr kurz vor Mitternacht Fernsehen gucken und auf den Countdown fürs neue Jahr warten, stirbt meine Oma in einem Hospiz in Berlin. Nach der Beerdigung im Januar war ich ein letztes Mal in ihrer Wohnung. Alles sah noch genauso aus, wie an dem Tag, als meine Oma ihre Wohnung verließ. Das Adventsgesteckt wurde nie angezündet.
Ein Jahr ist rum. Ich vermisse die Kaffeepackungen in Geschenkpapier. Und Oma.