Donnerstag, 11. Juni 2015

Informationen zur Hebammenhilfe

Im Frühjahr 1998 bekam ich in meiner Frauenarztpraxis meinen Mutterpass ausgehändigt. Ich war tatsächlich schwanger! Das so schwarz auf weiß in diesem Dokument zu sehen, machte es für mich irgendwie greifbarer und offizieller. So einen Mutterpass bekommt jede Schwangere nach Feststellung der Schwangerschaft. Darin wird die persönliche medizinische Vorgeschichte eingetragen und alle Vorsorgeuntersuchungen, die während der Zeit der Schwangerschaft durchgeführt werden, vermerkt.


Damals, in meinem ersten Mutterpass, war gleich ganz vorne auf der 2. Seite ein Zettel eingeklebt. "Informationen zur Hebammenhilfe" stand darauf. Der Berliner Hebammenverband wies darauf hin, was Hebammenhilfe genau umfasst:

"Jeder schwangeren Frau steht laut Gesetz eine Hebamme zu, die sie während der Schwangerschaft, Geburt und in der Zeit des Wochenbetts betreut.

Hebammenhilfe umfasst:

1. Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft
2. Beratungen in der Schwangerschaft, telefonisch oder als Hausbesuch
3. Einzelbetreuungen bei Schwangerschaftsbeschwerden
4. Geburtsvorbereitung (14 Stunden) als Frauen- oder Partnerkurse, Einzelvorbereitung auf ärztliche Anordnung
5. Geburtshilfe (Betreuung bei Haus- und Klinikgeburten, Geburten in Geburtshäusern und Praxen)
6. Wochenbettbetreuung nach Klinik- oder Hausgeburt und nach ambulanter Geburt bis zum 10. Wochenbetttag (bei Bedarf auch länger)
7. Rückbildungsgymnastik (Gruppenkurse 10 Stunden)

Die Krankenkassen übernehmen fast alle Kosten.
Bitte melden Sie sich rechtzeitig in der Schwangerschaft bei einer Hebamme.

Adresse und Telefonnummern für Informationen...."

Dieser kleine Zettel machte mich tatsächlich sicherer und selbstbewusster in der Schwangerschaft. Hebammenhilfe war laut Gesetz mein Recht! Das wollte ich auch nutzen und habe sehr davon profitiert.

Ich fand mit Hilfe der Hebammenliste bald eine Hebamme in meiner Nähe und machte den Großteil der Vorsorgeuntersuchungen mit ihr. Ich besuchte sie zu Hause oder sie mich. Zur ambulanten Geburt ging ich mit ihrer Begleitung ins nächste Krankenhaus. Mein etwas älterer Arzt war deswegen not amused, aber das war mir egal. Zu oft hatte er mich mit Aussagen wie "hm, zu groß" oder "hm, zu klein" verunsichert, was meine Hebamme zum Glück wieder auffangen konnte. Als ich dem Arzt mal erzählte, dass ich in einem Kreißsaal bei einer Besichtigung eine Sprossenwand gesehen habe, sagte er nur abschätzig: "Wir sind doch hier nicht im Busch!"

Wie auch in meinen darauffolgenden Schwangerschaften war die sehr persönliche Betreuung durch meine Hebamme sehr wichtig und trug dazu bei, dass ich gelassen in die Geburt gehen konnte. Diese Gelassenheit bewahrte ich mir auch in den nächsten drei Schwangerschaften, die immer durch kompetente Hebammmen begleitet wurden. Ich werde mein Leben lang dankbar an diese schönen Lebensereignisse zurückdenken.


So ein wichtiger Zettel klebte und klebt aber nicht in allen Mutterpässen. Leider. Viele Frauen und ihre Angehörigen kennen ihr Recht auf Hebammenhilfe gar nicht.

Eine wichtige Information fehlt darauf allerdings noch: ein bisschen schwanger gibt es nicht, denn gerade in den ersten Wochen passieren im Körper der Frau sehr wichtige Dinge und viele Fragen treten auf. Und auch wenn die Schwangerschaft durch eine Fehl- oder Totgeburt beendet wird, steht allen Frauen trotzdem Hebammenhilfe zu. Bitte sagt es weiter!

Frauen in Deutschland soll allerdings ganz aktuell das Recht auf Hebammenhilfe genommen werden. Die flächendeckende Versorgung mit Hebammen zerbricht gerade unaufhaltsam. Es gibt immernoch die Möglichkeit, die Petition zum Elternprotest zu unterschreiben. Über 112.000 mal wurde das schon getan. Ob es etwas bringt? Ich bin ratlos.

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