Montag, 19. November 2018

Ich stehe am Meer...

... und die Tränen laufen mir über die Wangen. Ich weiß gar nicht, warum, aber ich lasse sie laufen. Das Mutzelchen, der kleine Bruder und der Adventsjunge sind schon vorgegangen zum Molli-Spielplatz. Der Liebste holt beim Bäcker für uns Eltern einen Becher Milchkaffee. Die Augustschnuppe liegt schön eingemummelt neben mir im Kinderwagen und schläft.

Ich warte auf den Liebsten, stehe nur da und schaue auf dieses wahnsinnig schöne und unendliche Blau. Der Himmel ist wolkenlos. Es ist fast windstill. Ich rieche den salzigen Geruch und halte mein Gesicht in die Sonne. Ich atme ein und kräftig wieder aus. Meine Schultern lasse ich tief fallen. Zu viel mussten sie in letzter Zeit tragen. Die ganzen Sorgen, der Stress und die Traurigkeit des vergangenen Jahres werden mit meinen Tränen aus mir herausgeschwemmt. Es scheint, als habe mein Körper nur auf diesen Augenblick hier an meinem Lieblingsmeer gewartet. Ich lächle, weil ich so überrascht bin von den Tränen, und ich weiß, dass sie mir gut tun werden.

Mein Lieblingsort umhüllt und umarmt mich. Er ist schon so lange für mich da. An jeder Ecke sehe ich mich mit meiner Familie. Wie leicht durchsichtige Hologramme sehe ich uns vor zehn, fünf oder zwei Jahren. Hier spazierten der Liebste und ich an unserem ersten Silvester frisch verliebt und Pläne schmiedend Hand in Hand am Strand entlang. Dort trugen wir unser Mutzelchen das erste Mal zum Meer. Da hinten aß der kleine Bruder Sand. Auf der Strandpromenade fotografierte uns unser Großer nach der Trauung im Rathaus. Hier stand die Große kichernd auf dem Wagen der Eisenbahn. An dieser Stelle saß der Adventsjunge im Gras und wollte für immer bleiben. Und nun dürfen wir unsere Augustschnuppe in die Geheimnisse des Ortes einweihen.

Und das haben wir am letzten Samstag auch gemacht. So ein grandioser Novembertag! Mit der kleinen Stadtbahn sind wir zum Molli-Bahnhof gefahren. Dort sind wir in die alte Eisenbahn gestiegen und ans andere Ende des Ortes gefahren. Dann waren wir im Schnickschnackladen, in der Strandbuchhandlung und natürlich an der Seebrücke. Nach dem Mittagessen sind wir durch den Stadtwald gelaufen und haben uns einen Nachtisch in der Eisbar genehmigt. Als wir am Nachmittag den Baltic-Platz passierten, dämmerte es schon. Pastellig hübsch ging der Ort zur Ruhe. Das war ein ganz wunderbarer Familienausflug.

"Ostseebäder sind Heilbäder" steht an der Fassade der Stadtbibliothek. Es stimmt. Kühlungsborn macht meinen Körper und vor allem meine Seele wieder heil und ganz. Nur ein kurzer Aufenthalt genügt und ich bin wieder gewappnet für den Alltag. Ich bin sehr dankbar dafür.



















6 Kommentare:

  1. Beneidenswert, dass ihr einen Tagesausflug ans Meer unternehmen könnt.
    Und wenn es dann noch ein Lieblingsort mit so wunderbaren Erinnerungen ist, umso besser.
    LG von TAC

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    1. Wir waren zwei Nächte dort. Aber es ist wirklich nicht weit, das stimmt 😊

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  2. Meine Liebe! DAS glaub ich jetzt nicht... ich hatte Samstag so ein Gefühl... als ob ich dich gesehen hätte...als wir mit dem Fahrrad über die Ostseeallee geradelt sind. Wir waren auch zum frische-Luft-schnuppern in KüBo. Meine Eltern haben wir vorne an der Seebrücke ins Apartmenthaus Atlantik eingemietet und mein Mann und ich, wir waren mit dem Camper auf dem Campingplatz zum Schlafen. Samstag war ein traumhafter Tag! wir haben noch mal so viel Sonne getankt. Sonntag waren wir in Warnemünde und sind Nachmittag wieder nach hause gefahren. Wir sind Silvester wieder da... Ich weiß nicht mehr, was es war, was mich an dich erinnert hat, bzw. es war etwas, was nur du hast. ich dachte gleich, das sieht wie Carola aus... Ein Augenblick nur beim Vorbeifahren. Krass. ich bin jetzt echt geplättet. aber wir waren glaub schon mal beide zur gleichen Zeit da. vor 5 Jahren. als der Sturm war.
    Liebe Grüße Petra

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    1. Oooohhh, das ist ja schön! Ja, es war ein wunderbarer Tag! Viele Grüße zurück!

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  3. Meer

    Wenn man ans Meer kommt
    soll man zu schweigen beginnen
    bei den letzten Grashalmen
    soll man den Faden verlieren

    und den Salzschaum
    und das scharfe Zischen des Windes einatmen
    und ausatmen
    und wieder einatmen

    Wenn man den Sand sägen hört
    und das Schlurfen der kleinen Steine
    in langen Wellen
    soll man aufhören zu sollen
    und nichts mehr wollen wollen nur Meer
    Nur Meer

    Das Gedicht von Erich Fried fiel mir zu deinem Post ein ..und dem Mut von deinen Traurigkeiten,Stress ect zu erwähnen.... in vielen Blogs bekomm ich meist nur das Gefühl von heiler Welt . Danke möchte ich auch im nebenan für den blog 22 Monate ...das macht mich demütig... erdet, ach ich kann das grad nicht ausdrücken ... gestern hab ich Kerzen in einer Behinderten Werkstatt gekauft. die Arbeitsfreude dort war schön (und im Hinterkopf was wir aus der pränatalen Diagnostik machen)

    tschüss aus Berlin. kjr

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    1. Danke für das wunderbare Gedicht, das gefällt mir sehr!

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