Mittwoch, 14. Juni 2017

Auf dem Wochenmarkt

"Ich habe Sie ja sooooo vermisst!" sagt die Marktfrau ganz warmherzig hinter der Erdbeerauslage zur sehr alten Frau vor mir. Sie reicht mit ihrer Hand über die prallen roten Erdbeeren und drückt den Arm der zerbrechlichen grauen Frau sachte. Die beiden gehen zwei Schritte beiseite und sprechen kurz miteinander. Eine schwere Zeit sei das gewesen. Aber nun wohnen sie und ihr Mann in einer Seniorenresidenz, höre ich ungewollt mit einem halben Ohr mit. Die beiden verabschieden sich voneinander und ich bin an der Reihe.

Ich reiche meinen Stoffbeutel zur freundlichen Marktfrau rüber, damit sie dort direkt aus der großen Schüssel der Waage 2 Kilogramm Äpfel hineinschütten kann. Dann bestelle ich noch zwei Schalen von den süßen Erdbeeren. Die Kinder werden sich am Nachmittag ganz bestimmt darüber freuen. Weil mich die Himbeeren so anlachen, kaufe ich davon auch noch eine Schale. Nur für mich! Ich bezahle und trage das Obst zu meinem Lastenrad.

Nach dem Verstauen der Beutel öffne ich die kleine spitze Papiertüte mit den Himbeeren und probiere von den zarten Früchten. Mmmmmhhhh! Ich summe leise, schließe kurz die Augen und genieße die Geschmacksexplosion in meinem Mund. Die Welt um mich herum ist für einen Moment ganz weit weg. Was gibt es bloß für Köstlichkeiten auf der Welt! Fast die halbe Schale habe ich schon leergenascht. Den Rest hebe ich mir für zu Hause auf.

Am Gemüsestand suche ich mir drei grüne Gurken aus und darf sie gleich in meinen Beutel tun. Ein Kilogramm quietschfrischen Spargel aus der Lüneburger Heide bestelle ich dazu. Der Marktverkäufer soll mir die Stangen gleich in den Beutel tun. Wir müssen uns beide mit den Armen über die Auslage strecken, um uns in der Mitte zu treffen und scherzen dazu. Ich bezahle und bringe das Gemüse zu meinem Lastenrad, das ich in der Nähe geparkt habe.

Unterwegs treffe ich die Tagesmütter, bei denen das Mutzelchen und der kleine Bruder waren, als sie noch ganz klein waren. Wie schön! Sie besuchen mit ihrer Kindergruppe in zwei Bollerwagen den Markt. Wir quatschen eine Weile und tauschen uns aus. Sie staunen, dass das Mutzelchen nun schon bald aufs Gymnasium kommt und der kleine Bruder in die 3. Klasse. Ja, wie die Zeit vergeht!

Ich schiebe mein Rad weiter, vorbei am Stand mit den Eiern. "10 Freilandeier bitte!" Im Bioladen kaufe ich unsere Lieblingskekse, weil ich morgen für den Hausbesuch meiner Hebamme etwas zum Knabbern da haben möchte. Weil ich Appetit auf Bananen habe, nehme ich noch welche mit.

Weiter geht's, einmal um die Ecke des langen Marktplatzes in der Fußgängerzone. Dort ist immer "mein" Kartoffelstand. Trotz der Fülle der Marktstände haben sich über die Jahre bestimmte Stände mit ihrem Personal als meine Lieblingsstände herauskristallisiert. Man kennt sich, wechselt ein paar nette Sätze miteinander und manchmal werde ich sogar mit meinem Namen begrüßt. Heute fehlt der Kartoffelstand. Nanu?! Ich schaue drei Mal den Weg rauf und runter und frage am Nachbarstand nach. Urlaub, aha.

So muss ich mein Fahrrad wenden und nochmal zurück, um an anderen Ständen nach Kartoffeln zu schauen. Dafür komme ich aber an einem Stand mit Blumen vorbei. Die bunten Sträuße, die aussehen, als kämen sie frisch gepflückt von der Wiese, gefallen mir am besten. Ich nehme gleich zwei Bund und bekomme sie sogar für einen guten Preis. Der Verkäufer und ich reden darüber, was wohl auf der Nordseite am besten wächst und dass solche Wiesenblumen doch eigentlich am schönsten sind. Ich finde dann hinterher an einem anderen Stand auch neue Kartoffeln und lasse sie gleich wieder in meinen Stoffbeutel füllen.

"Danke für Ihr Verständnis!" sagt die Marktfrau vom Erdbeerstand zu mir, weil sie ein bisschen länger mit der alten Frau gesprochen hatte und ich ein bisschen warten musste. "Aber nicht doch!" sage ich. "So ist es auf dem Markt."







3 Kommentare:

  1. Schön ist es auf dem Markt. <3

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  2. Ich schmecke förmlich die Himbeeren. :-) Marktatmosphäre hat einfach was...
    Bekommt ihr die Biokiste eigentlich nicht mehr?
    LG und einen sonnigen Tag dir!
    Maike

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