Sonntag, 14. Februar 2016

Wie romantisch!


Hach! Nach ein paar Irrungen und Wirrungen hat sich das Liebespaar gefunden. Sie schweben wie auf Wolken, der Himmel hängt voller Geigen, alles ist rosarot und die Welt ist ganz weit weg. Die Verliebten verbringen zusammen ganz viel Zeit, bleiben lange im Bett, gehen gemütlich frühstücken, abends ins Theater und reisen entspannt um die ganze Erdkugel. Wie romantisch! Happy End!

Schon mal gemerkt, dass die ganzen schönen Romantikfilme oder -bücher enden, bevor der wahre Alltag beginnt? Dabei wird es doch dann erst so richtig spannend! Ganz klar: die rosarote Brille bleibt irgendwann in der Schublade, die Wolken können auch mal grau werden und Geigenmusik den ganzen Tag kann ganz schön nerven. Kommen dann eins, zwei, drei... Kinder oder Bonuskinder und Expartner dazu, Stress im Job, Krankheit und andere Sorgen, bleibt nicht viel Platz und Zeit für Romantik, oder?!

Beim Liebsten und mir ist das so: Romantik ist das, was wir aus unserem Familienalltag machen. Es können ganz winzige Momente sein, mit denen wir uns täglich unsere Zuneigung zeigen. Wenn wir Berge von Wäsche gemeinsam wegfalten, unterhalten und necken wir uns und so macht die Arbeit gleich ein bisschen Spaß. Wir bringen uns gegenseitig Dinge mit, von denen wir wissen, dass sie gemocht oder gebraucht werden. Das kann der Lieblingsjoghurt sein oder eine neue Flasche Shampoo, weil gesehen wurde, dass die alte bald leer ist. Machen die Kinder am Tisch Quatsch, werfen wir uns verschwörerische Blicke zu und rollen unbeobachtet ein bisschen mit den Augen. Selbst wenn wir die vollgespuckte Bettwäsche eines Kindes in der Nacht abziehen, sitzt jeder Handgriff und wir sind ein echt gutes Team.

Ich finde das alles höchst romantisch. Schon möglich, dass sich mein Begriff von Romantik seit meiner Zeit als Teenager etwas gewandelt hat und sich nun von der üblichen Vorstellung von Romantik unterscheidet. Aber im Grunde ist es jetzt so, wie ich es mir immer gewünscht habe. Ich lebe mit einem Partner zusammen, der mich so akzeptiert, wie ich bin und gegenseitig geben wir uns Raum zum Wachsen und genießen unsere kostbare gemeinsame Zeit.

Und weil das Leben viel zu kurz ist, um einen Grund zum Feiern auszulassen, haben wir es uns heute am Valentinstag bei Kerzenschein so richtig romantisch gemacht. Mit den Kindern, ein bisschen Kitsch und Schokoladenkuchen. Wenigstens für eine Stunde. Aus Dankbarkeit und Liebe zur Familie. Danach ging es wieder ans Wäschefalten und Küche aufräumen. Romantik? Können wir!


7 Kommentare:

  1. Schön ❤️
    Damit macht ihr es viel besser als das Paar in Tucholskys Gedicht "Danach":
    Die Ehe war zum jrößten Teile / vabrühte Milch und Langeweile
    Und darum wird beim happy end / im Film jewöhnlich abjeblendt.
    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/frankfurter-anthologie/marcel-reich-ranicki-in-der-frankfurter-anthologie-danach-von-kurt-tucholsky-12633890.html

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    1. Oh, trotz der vabrühten Milch ein anrührendes Gedicht. Danke!

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  2. Hach, das hast du wieder sooo schön geschrieben! Wir haben letzte Nacht auch im Team Spuckbettwäsche gewechselt. Auf den Valentinstag verzichten wir, aber die kleinen Momente, die haben wir jeden Tag :)

    LG
    Karo

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  3. Mir gefällt eure Interpretation vom Valentinstag sehr! Überhaupt deine ganze Einstellung zu Liebe und Romantik (im Alltag) finde ich richtig gut.

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  4. Liebe Carola,
    mir ist bei deinen Zeilen Kurt Tucholskys Gedicht "Danach" wieder einmal eingefallen und hat mich zum Schmunzeln gebracht ;-)

    Danach

    Es wird nach einem happy end
    im Film jewöhnlich abjeblendt.
    Man sieht bloß noch in ihre Lippen
    den Helden seinen Schnurrbart stippen –
    da hat sie nun den Schentelmen.
    Na, und denn – ?

    Denn jehn die beeden brav ins Bett
    Naja ... diß is ja auch janz nett.
    A manchmal möchte man doch jern wissen:
    Wat tun se, wenn se sich nich kissen?
    Die könn ja doch nich immer penn ... !
    Na, und denn – ?

    Denn säuselt im Kamin der Wind.
    Denn kricht det junge Paar 'n Kind.
    Denn kocht se Milch. Die Milch looft üba.
    Denn macht er Krach. Denn weent sie drüba.
    Denn wolln sich beede jänzlich trenn ...
    Na, und denn – ?

    Denn is det Kind nich uffn Damm.
    Denn bleihm die beeden doch zesamm.
    Denn quäln se sich noch manche Jahre.
    Er will noch wat mit blonde Haare:
    vorn doof und hinten minorenn ...
    Na, und denn – ?

    Denn sind se alt.
    Der Sohn haut ab.
    Der Olle macht nu ooch bald schlapp.
    Vajessen Kuß und Schnurrbartzeit –
    Ach, Menschenskind, wie liecht det weit!
    Wie der noch scharf uff Muttern war,
    det is schon beinah nich mehr wahr!
    Der olle Mann denkt so zurück:
    wat hat er nu von seinen Jlück?
    Die Ehe war zum jrößten Teile
    vabrühte Milch und Langeweile.
    Und darum wird beim happy end
    im Film jewöhnlich abjeblendt.

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